Kommentar zur „Neuaufstellung der Cusanus Hochschule“

Das Präsidium der Cusanus Hochschule versucht gerade mit aller Macht, Zukunftsfähigkeit zu propagieren und ein solides Gefühl an die Öffentlichkeit zu vermitteln. Dem soll hier eine Stimme entgegenstehen.

„Vor der Cusanus Hochschule steht nun ein Prozess neuer Schwerpunktsetzungen. Das Institut für Ökonomie wird dabei zunächst zur allein tragenden Säule der Hochschule. Da dieses Institut bereits jetzt 66% aller Studierenden sowie gemeinsam mit der Verwaltung 70% aller Mitarbeitenden, und 75% aller finanziellen Einnahmen auf sich vereinigt und sich zudem in den letzten Monaten in der Studierendenwerbung und dem Fundraising substantiell neu aufgestellt hat, stellt dies einen gesicherten Fortbestand der Hochschule dar.“

Neuaufstellung der Cusanus Hochschule und ihrer Studiengänge (cusanus-hochschule.de, 12. März 2019)

Der Stärkere gewinnt also? Na, immerhin bleibt für die „zum Teil aufopferungsvolle Arbeit von Mitgliedern des Instituts für Philosophie“ noch ein Dankeschön übrig.

Fassungslosigkeit, wie angesichts der Kündigungen des Instituts für Philosophie sofort einfach weitergemacht werden kann. Kein Eingeständnis einer Fehlentscheidung, kein Rücktritt des Präsidiums, kein Bedauern. Das Gesicht der Hochschule soll einfach mal so gewechselt werden, in der Hoffnung, dass damit der Trennungskonflikt möglichst schnell vergessen werde. Niemand soll begreifen, dass sich hinter dem Namen Cusanus Hochschule bald etwas völlig anderes verbergen wird. Die Suggestion einer kleinen Korrektur im Kurs, die schon lange im sanften Prozess der institutionellen Festigung angelegt wurde. Die Massenkündigungen am Institut für Philosophie stellen einen Bruch dar, keinen fließenden Übergang! Das sollte auch die Öffentlichkeit wissen!

Wie soll sich der Phönix „Cusanus“ Hochschule in moralischer Hinsicht aus dieser Asche erheben? Sicher nicht, indem er seine Verbrennung verleugnet.

Wie ist die Besänftigungs-Politik des Präsidiums anders zu verstehen, als dass möglichst schnell alles vergessen werden soll? Seitdem der Konflikt seit Ende Januar offen ausgetragen wird, pocht man vehement auf ein starkes Bild für die Zukunft der Ökonomie. Alles sei in bester Ordnung und gebrochenes Vertrauen solle zurückgewonnen werden, heißt es dann in der Stellungnahme des Präsidiums direkt nach den Kündigungen. Mit einer unglaublichen Unbeirrbarkeit soll einfach über die Geschehnisse der letzten Wochen hinweggeschritten werden.

Brücke im rauen Wind
The Rip Tide | Simone Tölle | CC BY-NC-ND 4.0

Über Leichen gehen, auf Leichen bauen!

In diesem Sinne ist die Neuaufstellung der „Cusanus“ Hochschule zu verstehen. Der Konflikt wird gerade zur unbeachteten Leiche im Hochschulkeller einbalsamiert. Hiermit sei der bereits einsetzenden und teilweise intendierten „Geschichtsvergessenheit“ etwas entgegengesetzt: Gedächtnis schreiben!

Eines darf unbedingt nicht vergessen werden: die Differenz zwischen Gesagtem und Tatsachen, die parallel dazu immer wieder von Seiten des Präsidiums geschaffen wurden und werden. Schizophren erscheint die sprachliche Geschmeidigkeit, mit der für Alles angemessene Worte gefunden werden. Keine Garantie, dass es sich nicht einfach nur um Worte handelt, die sich von heute auf morgen mit einem Wechsel der Windrichtung drehen werden. Das sagt zumindest die Erfahrung. Das Präsidium bedient sich einer Sprache, die für nichts garantieren muss: eine inflationäre Währung, deren Nicht-Deckung aufgeflogen ist?

Fassungslosigkeit, über dieses Zitat, frisch von der Hochschule-Website:

„Die Persönlichkeitsbildung im Rahmen der Studia humanitatis sowie die philosophische Grundlagenreflexion und die Entwicklung eines moralisch orientierten Gemeinsinns werden dabei als integrale Bestandteile der Studiengänge der Ökonomie erhalten.“

Neuaufstellung der Cusanus Hochschule und ihrer Studiengänge (cusanus-hochschule.de, 12. März 2019)

Vor dem Hintergrund der vergangenen Wochen, insbesondere dem Vorgehen des Präsidiums muss wirklich gefragt werden, was sich hinter „moralisch orientiertem Gemeinsinn“ verbergen soll? Woher die Garantie, dass sich dahinter nicht nur gähnend leere Phrase versteckt? Woher kommt die inhaltliche Füllung solcher Sätze? Woher ein Anhaltspunkt, dass es dahinter einen gelebten Sinn gibt?

Wie an solch einer Hochschule einen Bachelor mit dem Titel „Soziale Verantwortung“ studieren?

Und wie angesichts solcher Sprachinflation weiterhin in Seminaren sitzen, in denen es um Kritik an Gesellschaft gehen soll? Wird damit nicht auch das Gelehrte zu ungenießbarer Bildungskost pervertiert? Woran soll man sich als Student*in da orientieren? Pathos muss mal wieder ertragen werden.

Nein, es geht hier nicht darum, einer sich neu aufstellenden „Cusanus“ Hochschule schaden zu wollen. Es sei bloß darauf hinzuweisen, dass hier bereits etwas zerstört worden ist. Damit sei nicht nur der Verlust einer speziellen Philosophie gemeint, die für uns nicht einfach durch irgendeine Philosophie zu ersetzen ist. Sondern die Glaubwürdigkeit dieser Hochschule. Die „Cusanus“ Hochschule ist in ihrer moralischen und ideellen Glaubwürdigkeit tot. Sonst würde man nicht so handeln.

Fassungslosigkeit, denn all das könne doch so nicht einfach funktionieren! Aber es geht anscheinend doch, das ist das Erschreckende. Ohne weiteres ist vorstellbar, dass diese Strategie aufgeht, dass Fassade ausreichend ist. Die Kratzer auf dem Lack werden sprachlich poliert werden. Es werden genügend Menschen bereit sein, einfach weiterzumachen und man kann es auch niemandem verübeln. „Ich möchte einfach nur hier studieren“, ist eine verständliche Aussage. Spätestens in zwei Jahren werden nur noch wenige der jetzigen Studierenden in Bernkastel-Kues sein und sich zurückerinnern. Zeit heilt ja bekanntlich Wunden. Und geheilte Wunden lassen den Grund von Verletzungen leicht vergessen.

Zur Autorin: Fiona hat von 2016 bis 2020 Philosophie (B.A.) an der Cusanus Hochschule studiert.